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Fr 17.09.

19.30h St. Anna-Kapelle

Tänze und Tanzlieder von Josquin bis Praetorius

Capella de la Torre

Margaret Hunter Sopran
Hille Wippermann Altpommer und Flöte
Gerd Schnackenberg Posaune
Annette Hils Dulzian
Martina Fiedler Orgel
Johannes Vogt Laute
Mike Turnbull Percussion
Katharina Bäuml Schalmei und Leitung

capella-de-la-torre.de


Anonym / Improvisation

  • O che nuovo miracolo*

Josquin Desprez (ca. 1450/55–1521)

  • Tu solus qui facis mirabilia*
  • Scaramella va a la guerra

Jean Japart (tätig um 1474/81)

  • Se congie pris*
  • Il est de bonne heure né*

Anonym

  • Basse Danse Aliot nouvelle

Josquin Desprez

  • In te Domine speravi*

Anonym

  • Canto

Bartolomeo Tromboncino (ca. 1470–ca. 1535)

  • Ostinato vo’ seguire*

Niccolò Piffaro (ca. 1480–1556)

  • Di lassar tu divo aspetto*
  • Improvisation
  • Passamezzo

 

***

Michael Praetorius (1571–1621)

  • Bransle de la Torche

Traditionell / Praetorius

  • La bonne nouvelle*

Michael Praetorius

  • Ballet des Coqs

Claude Lejeune (ca. 1528/30–1600)

  • Un gentil amoureux*

Michael Praetorius

  • Ballet CCLXVIII

Jehan Chardavoine (1538–ca. 1580)

  • Pavane «Une jeune fillette»*

Michael Praetorius

  • Gagliarde

Anonym / Praetorius

  • Si j’aime ou non, j’en dis rien*

Michael Praetorius

  • Gavotte / Votre esprit recréatif*

*vokal


Tanzmusik zu Beginn und am Ende des 16. Jahrhunderts: unterschiedlichste Welten!
Angesichts der Fülle von Vokalwerken aus der Zeit um 1500 scheint es, als habe daneben Instrumentalmusik ganz allgemein für die Komponisten tatsächlich nur eine Nebenrolle gespielt. Das mag zwar so sein, doch der Schein trügt auch etwas: So findet sich in Italien ein elegantes Manuskript, das Ende des 15. Jahrhunderts am Hof von Ferrara für Isabella d’Este zusammengestellt wurde. Zahlreiche seiner Stücke stammen von Josquin Desprez (ca. 1450/55–1521), eines trägt sogar den Titel Ile fantazies de Joskin. Manche dieser Stücke waren anscheinend ursprünglich Chansons und wurden hier ohne Text aufgezeichnet; andere aber hatten nie einen Text und sind also eigentliche Instrumentalwerke.
Ähnlich ist es mit weiteren Stücken des Konzerts. Einige stammen aus dem allerersten Musikdruck der Musikgeschichte: Harmonice musice odhecaton (Odhecaton A), veröffentlicht 1501 von Ottaviano dei Petrucci in Venedig; es sollten später noch Odhecaton B und C folgen. Der Titel bedeutet Hundert mehrstimmige Musikstücke, und die meisten der de facto 96 (nicht 100) Stücke waren Vokalwerke von Komponisten aus ganz Europa, unter ihnen auch von Josquin Desprez. Überraschenderweise wurden zahlreiche von ihnen jedoch ohne Text gedruckt. Daraus lässt sich Verschiedenes ableiten: Entweder war die Unterlegung der Texte technisch noch zu schwierig oder finanziell zu aufwändig, oder die Stücke waren (zumindest auch) für eine vokal-instrumentale oder sogar für eine nur-instrumentale Ausführung gedacht. Mit diesem Verständnis führt die Capella de la Torre im Konzert mehrere Vokalstücke auf, auch Josquins Motette Tu solus qui facis mirabilia und seine Chanson-Motette In te Domine speravi.
Einer der im Odhecaton am häufigsten vertretenen Komponisten ist Jean Japart (um 1474/81). Dies ist einerseits umso verwunderlicher, als über ihn heute nur wenig Biographisches bekannt ist: Er lebte gegen Ende des 15. Jahrhunderts, starb möglicherweise in Ferrara und hinterliess anscheinend nur einige weltliche Werke. Umso mehr scheinen diese geschätzt worden zu sein; das deutet auch eine (leider verlorene) Déploration von Josquin auf seinen Tod an.
Ein Genre, das aus dieser Epoche sehr spärlich überliefert ist, sind die Tänze. Das heisst natürlich nicht, dass es sie nicht gab, sondern dass sie – als Gebrauchsmusik – im frühen 16. Jahrhundert erst selten gedruckt wurden. Das sollte sich ab Mitte des Jahrhunderts ändern, vor allem auch mit dem Wirken von Michael Praetorius (1571–1621). Als systematischer Geist schuf er – nebst zahlreichen sakralen Kompositionen – das mehrbändige Lehrwerk Syntagma musicum und plante eine ebenfalls mehrbändige Sammlung mit den europäischen Tänzen seiner Zeit. Davon erschien allerdings und bedauerlicherweise nur der Band Terpsichore, Allerley Frantzösische Däntze und Lieder (1612). Die zahlreichen Aktivitäten und der frühe Tod des Komponisten verhinderten die Weiterführung dieses Projekts.
Im Vorwort zu Terpsichore betonte Praetorius bescheidenerweise, dass die originalen Tänze nicht von ihm, sondern von französischen Musikern stammen, die sich damals an deutschen Höfen aufhielten; er selbst habe sie nur arrangiert. Tatsächlich bezeichnet Praetorius seine Arrangements mit M. P. C. (Michael Praetorius von Creuzberg), diejenigen seines Kollegen Francisque Caroubel mit F. C. Die Tänze aus Terpsichore können sich im Charakter stark unterscheiden. So weisen etwa Bransle oder Bourree auf ihren eher volkstümlichen Ursprung hin, während der Name Ballet einen schon höfisch stilisierten Tanz anzeigt.