Freier Eintritt – Kollekte

Sa 01.10.

Orgelspaziergang

14.00h – 1. Station: Grossmünster
Grossmünsterplatz (Tramhaltestelle Helmhaus)

Jörg-Andreas Bötticher Orgel

15.00h – 2. Station: Kirche St. Anton
Neptunstrasse 70 (Tramhaltestelle Kreuzplatz)

Gabriele Marinoni Orgel

16.00h – 3. Station: Neumünster
Neumünsterallee 21 (Tramhaltestelle Hegibachplatz)

Tobias Willi Orgel

Michael Meyer Moderation

jaboetticher.ch
gabrielemarinoni.com
tobiaswilli.ch


Die Konzertstationen dieser kleinen historischen Erkundungstour dauern 30 Minuten, dazwischen sind jeweils 30 Minuten Spazierzeit vorgesehen.


Die Praxis der Orgelimprovisation ist nicht nur etwa so alt wie das Instrument selbst, sondern auch noch heutzutage bedeutsam. Damit hat zunächst insbesondere die traditionelle Funktion der Orgel als liturgisches Instrument zu tun. Der kirchenmusikalische Alltag ruft geradezu nach spontaner Musik; es gibt immer wieder Situationen, die nicht vorausplanbar sind oder auf die nur umständlich mit auskomponierter Musik reagiert werden kann. Sodann fordert die Orgel als Instrument zum improvisierenden Ausprobieren geradezu heraus: Die unterschiedlichen Klangwelten, die die Registerfamilien bereithalten, wollen erkundet und auf unterschiedliche Kombinierbarkeit getestet werden.
Und der Blick auf die Geschichte zeigt, dass sich einige der grossen Tonheroen auch als Orgelimprovisatoren hervortaten: Am bekanntesten dürften Johann Sebastian Bach und Anton Bruckner sein, deren Improvisationskünste auf der Königin der Instrumente für Aufsehen sorgten. Dasselbe gilt auch für Exponenten der frankophonen Welt, insbesondere für César Franck. Der Orgelunterricht, den er als Professor am Pariser Conservatoire erteilte, bestand sogar zu einem grösseren Teil aus Improvisationsunterricht, was auch seiner Praxis als Organist an der Pariser Basilika Sainte-Clotilde entsprach: Franck bestritt seine Messfeiern vornehmlich mit Improvisationen, weniger mit Literaturspiel.
Das Festivalmotto «all’improvviso» rief also nach der Integration der Orgel. So werden im Rahmen des Orgelspaziergangs drei unterschiedliche Stilwelten erkundet.
Jörg-Andreas Bötticher wird auf der neobarock konzipierten Grossmünsterorgel demonstrieren, wie sich die Musiksprache des 17. und 18. Jahrhunderts improvisierend reproduzieren lässt.
Gabriele Marinoni setzt sodann auf der historischen Kuhn-Orgel von 1914 in der Kirche St. Anton einen Kontrapunkt: Er wird – wiederum dem Instrument entsprechend – Improvisationen bieten, die musikalische Erscheinungsformen des deutschsprachigen späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts evozieren.
Und auch die Klangwelt Frankreichs wird nicht fehlen. Auf der sich gerade für letztere sehr gut eignenden «Alte Tonhalle-Orgel» im Neumünster wird Tobias Willi Einblicke in die französische Improvisationsschule insbesondere des 20. Jahrhunderts bieten: Mit durchaus modernen und flamboyanten Klängen, die bisweilen stark an einen weiteren Exponenten der grossen Tradition der Orgelimprovisation erinnern, nämlich an Olivier Messiaen.
Michael Meyer