Sa 09.03.

17.00h Johanneskirche / Hans Bader-Saal

Zu Gast im Zimmermannschen Caffée-Haus (I)

Gäste aus der Slowakei

Ensemble Ad Fontes

Anne Simone Aeberhard Blockflöten
Mojca Gal Violine und Leitung
Annette Kappeler Viola
Bruno Hurtado Gosalvez Violone
Jan Krigovsky Geige, Bratsche, G-Violone, Fujara/Koncovka, Maultrommel, Gesang
Mykhaylo Zakhariya Zymbal

ensembleadfontes.com


Vit’azoslav Kubitschka (*1953)

  • Suita für Violine, Viola, Cello und Bass, op. 342:I

Samuel Capricornus (1628–1665)

  • Sonata in e-Moll für Violine und B.c.

Georg Daniel (1636–1707)

  • Speer Sonata per tree bassi in F-Dur

Samuel Capricornus

  • Sonata Nr. 4 à tre

Pannonhalma-Sammlung

  • Ungarischer Tanz
    Arr. Györe Zoltan

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Jan Krigovsky / Marcel Comendant

  • Improvisiertes Interludium

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Georg Daniel Speer

  • Musikalisch-Türckischer Eulen-Spiegel
    > Preludio in C – Intrada – Pohlnisch Ballet und Proportia

Uhrovska-Sammlung

  • Uhersky Tanec Nr. 5

> Hungarisch Ballet und Proportia

 

  • Hanacky Tanec Nr. 1

> Moskowitisch Ballet und Proportia – Sonata in D-Dur per due Viole – Griechisch Ballet und Proportia

 

  • Uherski Tanec Nr. 1 und 2

Mojca Gal zum Programm des Ensembles Ad Fontes:
Slowakische Musikanten, ihre Ungarischen und Hanack-Tänze erfreuten sich im 17. und 18. Jahrhundert grosser Beliebtheit. Sie wurden auch zum Bestandteil von Festlichkeiten, wie etwa am Hof von Fürst Esterhazy. Die Musikanten genossen zudem das seltene Privileg, frei durch das Habsburger Reich zu ziehen und aufzutreten. Viele dieser Tänze sind in der Uhrovska-Sammlung von 1730 erhalten. Im Konzert werden sie mit den Nationaltänzen (Ballet) von Georg Daniel Speer aus dessen Musikalisch-Türckischen Eulen-Spiegel erklingen. Einen Kontrast zu dieser Tanzmusik bilden die Werke von Samuel Friedrich Capricornus mit ihrem mehr verträumten, poetischen und leicht improvisatorischen Charakter.
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Die Uhrovska-Sammlung stammt aus der Bibliothek der Grafen Zay in Uhrovec (früher Ungarn, heute Slowakei), die 1956 von Vševlad Jozef Gajdoš entdeckt wurde. Der Verfasser oder Kompilator ist bisher unbekannt, war wahrscheinlich ein Musiker, wahrscheinlich ein Geiger. Gajdoš schrieb 1965 in der Zeitschrift Slovenská hudba:
Als ich Ende 1956 beim Sichten der Zay-Bibliothek, die damals provisorisch in den kalten Gängen von Schloss Bojnice untergebracht war, erstmals ein relativ kleines handgeschriebenes Notizbuch im Querformat in die Hände bekam, hatte ich das Gefühl, dass es sich um ein kostbares musikalisches Erbe handeln müsse. Das Notizbuch hatte keinen separaten Titel oder Umschlag. Auf der Kopfzeile der ersten Seite stand «Hungarici saltus» und das Jahr 1730. […] Das Notizbuch enthält zwar ungarische Tänze, daneben aber auch slowakische Tänze und Lieder, die zu dieser Zeit in den Salons des ungarischen Adels gesungen und getanzt wurden.
Die rund 350 Musikstücke der Sammlung wurden (nur) als Violinstimme aufgezeichnet und waren möglicherweise als Gedächtnisstütze für einen Leiter von wandernden Roma- oder Sinti-Ensembles gedacht. Die Sammlung widerspiegelt in grosser Breite das Repertoire fahrender Musiker in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Den starken Eindruck, den diese Musik auch auf manchen bürgerlichen Komponisten dieser Zeit machte, zeigt sich beispielsweise in G.Ph. Telemanns Polnischem Konzert.
Georg Daniel Speer (1636–1707) wurde in Breslau (heute Wrozlaw, Polen) geboren. Obwohl schon früh Waise, konnte er dennoch einige Jahre das Gymnasium besuchen. Später wanderte er durch halb Europa und gelangte anscheinend bis nach Ungarn und Rumänien; zeitweilig diente er dabei als Kriegstrompeter und Heerpauker. Schliesslich kam er nach Süddeutschland. In Göppingen sollte er 1667 als Kirchenmusiker und Lehrer angestellt werden, doch der Herzog von Württemberg wollte diese Ämter keinem ganz Fremden geben. Nach verschiedenen anderen Stellen wurde Speer 1673 aber dann schliesslich doch noch Organist und Kantor der Stadtkirche Göppingen sowie Collaborator der Lateinschule. Nach weiteren Stationen (und einem Gefängnisaufenthalt aus politischen Gründen) starb er dort 1707.
Speer war ein äusserst vielseitiger und umtriebiger Tausendsassa. So schrieb und veröffentlichte er zahlreiche Kompositionen, zeitkritische Flugschriften, den Schelmenroman Ungarischer oder Dacianischer Simplicissimus sowie das Lehrbuch Grund-richtiger / kurtz / leicht und nöthiger Unterricht Der Musicalischen Kunst. Wie man füglich und in kurtzer Zeit Choral und Figural singen / Den General-Bass tractiren / und Componiren lernen soll.
Am bekanntesten ist heute sein Musikalisch-Türckischer Eulen-Spiegel (Ulm 1688). Die ersten 24 Lieder der Sammlung bilden eine Art von Kantate, in denen der «Held» namens Lompyn (!) seinen farbigen Lebensweg erzählt, der ihn vom Hof des Sultans bis zum Patriarchen von Moskau und auch zu manchem Liebesabenteuer führt. Weiter enthält die Sammlung zahlreiche Tänze in verschiedenen Nationalstilen (polnisch, griechisch, wallachisch, moskowitisch …), die Speer gemäss eigener Aussage auf seinen Wanderungen selbst an Ort und Stelle gehört haben will; schliesslich folgen barocke Sonaten und Tanzsätze.
Samuel Friedrich Capricornus, eigentlich: Bockshorn (1628–1665) wurde in Ungarn geboren, wohin sein Vater aus Furcht vor der Gegenreformation geflohen war. Nach seiner Gymnasialzeit in Sopron (Ödenburg) studierte er Sprachen und Theologie, kam dann aber als Musiker an den kaiserlichen Hof in Wien. Nach kürzeren Tätigkeiten andernorts erhielt er 1657 schliesslich die Stelle des Hofkapellmeisters in Stuttgart. Hier blieb er bis zu seinem Tod. Leider wurde seine Tätigkeit von einem erbitterten Streit mit dem Organisten der Stiftskirche überschattet, der sich wohl übergangen fühlte: Er wiegelte die Hofmusiker gegen Capricornus auf und kritisierte dessen Kompositionen. Diese umfassen fast alle Gattungen, insbesondere aber trug Capricornus zahlreiche Werke zu den Genres des Geistlichen Konzerts, des Lieds und der Kantate bei.