So 15.09.

17.00h St. Anna-Kapelle, St. Annagasse 11

Zum 550. Todestag von Guillaume Dufay
(ca. 1397/1400 – 27.11.1474)

Guillaume Dufay:
Ave Regina caelorum

Diabolus in Musica

Axelle Bernage Mezzosopran
Marie Pouchelon Contralto
Raphaël Boulay Tenor
Emmanuel Vistorky Bassbariton
Philippe Roche Bass
Olivier Germond Tenor
Branislav Rakic Tenor
Jesús Rodil Rodriguez Tenor
Nicolas Sansarlat Leitung

www.diabolusinmusica.fr


Gregorianisch

  • Antiphon: Ave regina caelorum

Guillaume Dufay

  • Motette: Ave regina caelorum

***

Missa Ave Regina caelorum

Gregorianisch

  • Introitus: Salva sancta parens

Guillaume Dufay

  • Missa: Kyrie – Gloria

Gregorianisch

  • Graduale: Benedicta et venerabilis
  • Alleluia: Virga Jesse

Guillaume Dufay

  • Missa: Credo

Gregorianisch

  • Offertorium: Felix namque

Guillaume Dufay

  • Missa: Sanctus – Agnus Dei

Gregorianisch

  • Communio: Beata viscera

***

Guillaume Dufay

  • Motette: Salve regina

Er galt als grösster Komponist seiner Epoche, und wo immer sich in Europa damals etwas Wichtiges abspielte, war er dabei, Guillaume Dufay (1397/1400–1474); anscheinend wollten die Mächtigen der Zeit für ihre Repräsentation auf ihn nicht verzichten. Dabei liegen seine Anfänge etwas im Dunkeln. Vor allem ist weder sein Geburtsort noch sein Vater bekannt; das gab zur Vermutung Anlass, er könnte der uneheliche Sohn eines Priesters gewesen sein. Hingegen ist der Name seiner Mutter, Marie Dufay, überliefert: Sie war die Haushälterin des Klerikers Jehan Hubert, der an der Kathedrale von Cambrai tätig war. Dort wurde der musikalisch anscheinend talentierte Knabe denn auch in die Maîtrise (Singschule) aufgenommen. Das bedeutete eine umfassende musikalische Ausbildung nicht nur in Gesang, sondern auch in Musiktheorie und Komposition. Und schon als junger Mann hatte Dufay an der Kathedrale eine Stelle als Kaplan.
Doch nun beginnt eine bewegt-unruhige Zeit. 1414 kommt Dufay im Gefolge eines Kardinals an das Konzil von Konstanz (1414–1418), wo sich auch die Musikkapellen der hohen Würdenträger aus Frankreich, Deutschland und Italien begegnen; ihre Einflüsse machen sich in Dufays ersten Kompositionen bemerkbar. In Konstanz tut sich manches, auch Unerfreuliches: Päpste werden abgesetzt, Jan Hus wird als Häretiker verurteilt und verbrannt, Fürsten fallen in die Acht …
Dufay seinerseits kann sich jedoch anscheinend die Gunst von weltlichen und geistlichen Fürsten erwerben. Er kehrt zwar kurz nach Cambrai zurück, ist dann aber bald für die Fürstenfamilie Malatesta an ihren Höfen in Pesaro und Rimini tätig; zu verschiedenen offiziellen Anlässen komponiert er grosse Motetten, sogenannte Repräsentationsmotetten.
1427/28 steht Dufay im Dienst eines Kardinals in Bologna, möglicherweise sowohl als Beamter wie als Komponist; wahrscheinlich komponiert er hier die Missa Sancti Jacobi. Bald ist der Komponist aber auch Mitglied der renommierten päpstlichen Kapelle in Rom und bleibt dies bis 1437. Ebenso erfolgreich wie als Musiker ist Dufay auch anderweitig: Er kann mehrere Pfründe erwerben; deren Abgaben garantieren ein regelmässiges Einkommen, ohne dass damit irgendwelche Pflichten verbunden wären …
Für verschiedene Ereignisse in Rom – darunter eine Kaiserkrönung – schreibt Dufay weitere grosse Motetten, ebenso für die Einweihung des Doms in Florenz 1438: die Proportionen seiner Motette Nuper rosarum flores entsprechen denen des Doms. Von 1433 bis 1435 ist Dufay Kapellmeister am Hof des Herzogs von Savoyen; er nutzt die Gelegenheit, seine Mutter in Cambrai zu besuchen.
Weiter kommt der Komponist in Kontakt mit der burgundischen Hofkapelle, erhält aber auch Zahlungen des Hofs von Ferrara und nimmt an einer Tagung des Kathedralkapitels von Lausanne teil; ebenso ist er 1438 am Konzil von Basel. Dufay scheint überall gefragt zu sein, wo für einen wichtigen Anlass repräsentative Musik verlangt wird. Und dies trotz der politischen und kirchlichen Streitereien der damaligen Zeit: Es ist dies die turbulente Epoche der Päpste und Gegenpäste, und zu letzteren gehört auch Dufays Arbeitgeber Herzog Amadeus VIII. von Savoyen, der sich zum Gegenpapst Felix V. wählen lässt.
1440 kehrt vorerst etwas Ruhe ein; Dufay ist zurück in Cambrai, wo er sich später ein Haus kauft; 1446 wird er beauftragt, die ganze Kathedralmusik zu reorganisieren. Auf Reisen und auch auf eine längere Tätigkeit als Kapellmeister des savoyischen Hofs will er trotzdem nicht verzichten. So ist er 1455 wieder in Italien, später im savoyischen Genf. In Cambrai übernimmt er das Amt des magister de petits vicaires (Sängerknaben); Prominente seiner Zeit – darunter der spätere (und komponierende) Herzog Karl der Kühne und der Komponist Johannes Ockeghem – besuchen ihn.
Mitte 1474 scheint Dufay so schwer erkrankt zu sein, dass sein Testament aufgesetzt wird. Darin wünscht er, dass ihm nach dem Empfang der Sterbesakramente seine eigene Motette Ave Regina caelorum gesungen werde. In dieser vierstimmigen Komposition wird das Ave Regina caelorum verwoben mit einem Miserere, in dem Dufay namentlich genannt wird: Miserere tui labenti Du Fay (erbarme dich deines kranken Dufay). Der Tod tritt am Abend des 27. November 1474 unerwartet schnell ein, sodass die Motette erst während der Requiemmesse gesungen wird. Bei diesem Begräbnisgottesdienst erklingt auch Dufays eigenes Requiem, das leider verloren ist.
Guillaume Dufay ist die herausragende Persönlichkeit der frühen franko-flämischen Musik. Als Erster verschmilzt er musikalische Elemente aus den Traditionen Frankreichs, der Niederlande, Englands und Italiens; er schafft so eine musikalische Sprache, die – auch in ihrem Wohlklang – für die Kunstmusik in ganz Europa lange Zeit vorbildlich ist. Dabei komponierte er in allen damaligen Genres: französische Chansons, italienische Lieder und lateinische Motetten, geistliche Hymnen und Antiphone, Messsätze und Messzyklen.
Innovativ war Dufay insbesondere im Genre der mehrstimmigen Messe. Dufays Messsätze aus der frühen Zeit sind überwiegend dreistimmig, seine grossen späteren Messen dagegen vierstimmig: Se la face ay pale, L’homme armé, Ecce ancilla Domini, Ave Regina caelorum.
Die vier Stimmen übernehmen dabei unterschiedliche Funktionen: Die beiden oberen Stimmen führen melodisch und rhythmisch, die beiden unteren Stimmen dienen eher (aber nicht nur) als Fundament. Dies gilt vor allem für den Tenor, in dem jeweils in langen Notenwerten der Cantus firmus erklingt; er verbindet die fünf Sätze der Messe zu einem eigentlichen Zyklus.
In der letzten Messe, Missa Ave Regina caelorum, ist dieser Cantus firmus ein Melodiefragment aus Dufays gleichnamiger Motette. Alle fünf Sätze beginnen ausserdem mit einem «Motto», das identisch jeweils in den ersten acht Takten erklingt – ein weiteres zyklisches Element. Vor allem erscheinen in der Messe jedoch immer wieder motivische und harmonische Anspielungen auf die Motette, so dass zwischen den beiden Werken ein beziehungsreiches Geflecht entsteht. Die erwähnte Passage (der Motette), Miserere tui labenti Du Fay (erbarme dich deines kranken Dufay), erklingt in der Messe ebenfalls und sogar als eigentliches Zitat im Agnus Dei; zur gleichen Musik wird nun aber eine allgemeine Bitte vorgetragen: Miserere nobis (erbarme dich unser).