So 03.03.

17.30h Kirche St. Peter

Jan Dismas Zelenka:
Psalmi Vespertini

Ensemble Inégal Prag

Sopran
Gabriela Eibenová Solo
Lenka Cafourková Solo
Romana Kružíková

Alt
Annekathrin Laabs Solo
Marta Fadljevičová

Tenor
Tobias Hunger Solo
Jakub Kubín

Bass
Tomáš Šelc Solo
Jiří Miroslav Procházka

Arek Goliński Violine
Magdalena Malá Violine
Andreas Torgersen Bratsche
Petr Hamouz Violoncello
Lukáš Verner Kontrabass
Marek Niewiedzial Oboe
Tereza Samsonová Oboe
Kryštof Lada Fagott
Lukáš Vendl Orgel

Adam Viktora Leitung

inegal.cz


Jan Dismas Zelenka (1679–1745)

  • Dixit Dominus ZWV 68 (Psalmi Vespertini II)
    Dixit Dominus – Sicut erat – Amen
  • Beatus vir ZWV 75 (Psalmi Vespertini I)
    Beatus vir – Peccator videbit – Gloria Patri – Amen
  • Laudate pueri Dominum ZWV 82 (Psalmi Vespertini I)
    Laudate pueri Dominum
  • In exitu Israel ZWV 83 (Psalmi Vespertini I)
    In exitu Israel – Gloria Patri – Amen

— Pause —
.

  • Lauda Jerusalem ZWV 102 (Psalmi Varii)
    Lauda Jerusalem
  • Nisi Dominus ZWV 92 (Psalmi Vespertini II)
    Nisi Dominus
  • Laudate Dominum ZWV 87 (Psalmi Vespertini III)
    Laudate Dominum – Amen
  • Magnificat ZWV 107 (Psalmi Vespertini II)
    Magnificat – Esurientes – Magnificat/Gloria Patri – Amen
  • De profundis ZWV 96 (Psalmi Vespertini II)
    De profundis – Sustinuit anima mea – Gloria Patri

Bach und Händel: virtuose Tastenspieler. Vivaldi: ein phänomenaler Violinist, J.J. Quantz ein ebensolcher Flötist. Und ihr Zeitgenosse Jan Dismas Zelenka (1679–1745)? Die Antwort mag etwas erstaunen: Zelenka war Violone-Spieler, ein Kontrabassist nach heutigem Begriff. Man war in der Vergangenheit gern geneigt, das etwas symbolisch zu verstehen für einen Komponisten, der, obwohl höchst originell, neben seinen Kollegen doch etwas «am Rand» stand. Das neuere Zelenka-Bild ist jedoch deutlich anders.
Der Komponist wird im böhmischen Lounovice (Launowitz) geboren; dort ist sein Vater Lehrer und Organist. Seine musikalische Ausbildung erhält der Knabe im Collegium Clementinum der Jesuiten in Prag. Später kommt er in den Dienst des Grafen von Hartig, der in Prag kaiserlicher Statthalter ist; ein Jahr danach wird er als Kontrabassist Mitglied der Hofkapelle von August dem Starken in Dresden. Die Königlich-Pohlnische und Churfürstlich Sächsische Capell- und Cammer-Musique gilt damals als das beste Ensemble seiner Zeit; seine Solisten erhalten Stargagen, so der Flötist J.J. Quantz, der Lautenist S.L. Weiss oder der Violinist F.M. Veracini.
In Dresden wird Zelenka sein ganzes Leben bleiben, mit zwei Ausnahmen: 1717 bis 1719 hält sich der sächsische Kurprinz Friedrich August in Wien auf, um sich dort eine Braut zu suchen, in seinem Gefolge ist auch Zelenka. Dieser benutzt die Gelegenheit, um beim damals berühmten J.J. Fux Kontrapunkt zu studieren. 1723 folgt ein Aufenthalt in Prag, wo Kaiser Karl VI. zum böhmischen König gekrönt wird. Zelenkas (wenige) Instrumentalwerke sind auf diesen beiden Reisen entstanden; auffälligerweise betitelte der Komponist die meisten Orchesterwerke als Capricci, eines als Hypocondrie. Etwa in dieser Zeit entsteht auch der Zyklus der sechs Triosonaten, denen in unserer Zeit vor allem auch Heinz Holliger mit zwei Aufnahmen zu spätem Ruhm verholfen hat.
Lange macht Zelenka sich Hoffnungen, dereinst die Nachfolge des kränkelnden Hofkapellmeisters J.D. Heinichen antreten zu können. Doch geht diese Stelle 1731 den jüngeren J.A. Hasse – dieser komponiert im neusten italienischen Stil. Eine Eingabe 1733 an den neuen Kurfürsten Friedrich August ist aber erfolgreich. Zelenka schreibt, dass er nach der Zurückkunfft von Wien nächst dem Capellmeister Heinicken die Königl. Kirchen Music viele Jahre lang mit besorget, nach dessen Absterben aber dieselbe meistens allein componiret und dirigieret habe, und er bittet fussfälligst darum, ihm nun die Capellmeister Stelle allergnädigst zu conferiren. Er erhält die neugeschaffene Stelle des Kirchen Compositeurs und damit verbunden auch eine erste Gehaltserhöhung.
Somit steht der Komponist nun keineswegs etwa «am Rand» des höfischen Musiklebens: Zelenka ist auch Theorbespieler, Solotenor und Kurator der königlichen Sammlungen, er steht der königlichen Familie nahe, ist mit der Ausbildung von italienischen Kastraten betraut und von einer Schar von Schülern umgeben – einer von ihnen, J.G. Harrer, wird Bachs Nachfolger als Thomaskantor –, und mit Bach ist Zelenka auch persönlich bekannt. Bis zu seinem Tod ist er ausserdem zweiter Kapellmeister für den oft abwesenden Hasse.
Als Kirchen Compositeur schreibt Zelenka insgesamt 21 Messen und zwei Requiem-Vertonungen, Lamentationen, Responsorien und Oratorien – und 1725 bis 1728 einen Zyklus von drei Sammlungen mit Psalmi Vespertini (Vesperpsalmen), denen später noch eine vierte mit Psalmi Varii folgt. Leider ging ein Teil davon verloren, sodass heute davon noch dreissig Vertonungen erhalten sind.
Die vier Sammlungen decken (im ursprünglichen Bestand) den Bedarf an Vesperpsalmen für alle Sonntage des Kirchenjahrs ab. Auffälligerweise vertont Zelenka die Psalmen stets knapp-konzis, und oft sind sie durchkomponiert – wer nach den ausladenden Da capo-Formen Bachs oder Händels sucht, wird nur gelegentlich fündig. Das bedeutet jedoch nicht etwa, dass Zelenka diese Kompositionen als möglichst effizient zu erledigende Pflichtübungen verstand; der Vespergottesdienst musste in Dresden vielmehr von einer gewissen Kürze sein, angeblich wegen des schwachen Gesundheitszustandes der Kurfürstin.
Mit der zeitlichen Kürze der Vesperpsalmen kontrastiert jedoch ihr musikalischer Reichtum: Vor allem drei Elemente charakterisieren Zelenkas Vespervertonungen. Einerseits sind da die kontrapunktischen Passagen, die sich v.a. in den meist fugierten Schlusssätzen zeigen. Dann gestaltet Zelenka manche Sätze ausgesprochen virtuos, was auf die hervorragenden Mitglieder der kurfürstlichen Hofkapelle verweist; dazu gehörte übrigens auch ein Ensemble von Kapellknaben.
Unmittelbar sprechen uns heute vor allem Zelenkas manchmal verblüffend expressive Passagen an. So folgt auf die ersten Worte des Psalms Dixit Dominus ZWV 68 – Es sprach der Herr – unerwartet eine dramatische Pause, quasi wie ein Doppelpunkt, während der fugierte Schluss mit einem exaltiert skandierten Motiv auf das Wort Amen erstaunt. Ähnlich klangmalerisch zugespitzt erklingt im Psalm Beatus vir ZWV 75 der Zorn und das Zähneklappern des Bösen (peccator videbit), während seine bösen Wünsche sich pianissimo ins Nichts auflösen (peribit).
Neben diesen Wortausdeutungen mit musikalischen Mitteln fallen unmittelbar auch manche Strukturen auf: Im Psalm Laudate pueri Dominum ZWV 82 wird der ganze Psalmtext vom Chor gesungen; der Bass-Solist wiederholt dazu immer wieder (nur) die Anfangsworte Laudate pueri Dominum als Refrain. Erst im Schlussteil Gloria patri finden dann die beiden Stimmen zusammen. – Ähnlich ist auch Laudate Dominum ZWV 87 gestaltet, hier mit einem Solo-Tenor, der im Amen ein heiteres «Lachen» anstimmt. Nisi Dominus ZWV 92 – mit dem Aussage Wenn der Herr nicht das Haus baut, müht sich jeder umsonst – frappiert mit einem geradezu «strikten» musikalischen Zugriff: Die ganze Vertonung ist durchkomponiert und basiert auf einem lückenlos durchgehenden Basso ostinato. Das scheint vorerst im Widerspruch zum Text zu stehen, symbolisiert aber möglicherweise, dass sich ein solides Haus mit Gottes Hilfe schliesslich eben doch bauen lässt.
Der tiefgläubige Zelenka zumindest vergewisserte sich jedenfalls stets der himmlischen (und auch weltlichen) Hilfe, und dies ungewöhnlich explizit. Den meisten seiner Werke fügte er folgende Widmung hinzu:
A M D G V M O O S S H A A P i R.
Ad Maiorem Dei Gloriam, Virgini Mariae (et) Omnibus Sanctis Honorem, Augustissimis Principibus in Reverentia: Zum höheren Ruhm Gottes, der Jungfrau Maria (und) allen Heiligen zur Ehre, den erlauchtesten Fürsten in Verehrung.